Frau Vorsitzende; Herr Bürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren,
der Haushaltsplanentwurf 2020 hat seit der Einbringung durch den Bürgermeister am 1.Oktober erhebliche Änderungen erfahren.
Neben den Neufestsetzungen bei den Steuern, den Schlüsselzuweisungen und der Kreisumlage, die nach den Mitteilungen der Messbeträge durch das Landesamt für Statistik erfolgt sind, sind hier vor allem die Änderungen im investiven Bereich zu nennen, die größtenteils durch eine Umwidmung von Investitionen in Verpflichtungsermächtigungen für das Jahr 2021 erfolgt sind – und zwar in einer Größenordnung von ca. 2,3 Mio €.
Der jetzt mit allen Änderungen vorliegende Haushaltsentwurf veranschlagt Einnahmen aus laufender Verwaltungstätigkeit von 50,3 Mio € und Ausgaben aus laufender Verwaltungstätigkeit von 48,9 Mio €. Es verbleibt ein Überschuss von 1,4 Mio € .
Von diesem Überschuss soll nach §17 Kommunalhaushaltsverordnung mindestens die ordentliche Schuldentilgung abgedeckt werden, die 2020 aber bei ca. 2,37Mio € liegt. Die Tilgung der Kredite kann also nicht aus laufenden Mitteln finanziert werden. Es bleibt eine Unterdeckung von ca. 1 Mio € . Der Haushalt 2020 ist somit strukturell nicht ausgeglichen.
Da nicht einmal die vollständige Tilgung der Kredite gewährleistet werden kann, verbleibt aus den Einnahmen aus Verwaltungstätigkeit auch keine freie Finanzspritze für die Finanzierung von Investitionen. Deshalb klafft hier eine Lücke von 4, 1 Mio €, die kreditfinanziert werden muss. Abzüglich der Tilgung wird sich die Stadt Bramsche in 2020 damit um 1,8 Mio € neu verschulden und erreicht dann einen Gesamtschuldenstand von 35.9 Mio €. Die von meiner Fraktion in den Haushaltsplanberatungen erörterten Änderungsvorschläge sind zu einem großen Teil in die Planungen eingeflossen. Gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsplanentwurf der Verwaltung vom 1. Oktober konnte in den zurückliegenden Beratungen das Defizit bei den Investitionen und damit auch die Nettokreditaufnahme um 2,2 Mio verringert werden.
Wir sehen das positiv und auch als Ausfluss der interfraktionellen Beratungen, um die wir uns seit Jahren regelmäßig bemühen und die wir insbesondere mit den Haushältern der SPD-Fraktion alljährlich führen.
In der Zielsetzung sind wir uns einig: Wir wollen einen strukturell ausgeglichenen Haushalt, einen Haushalt in dem Einnahmen und Ausgaben in einem auskömmlichen Verhältnis stehen und - in der Tendenz geht dieser Haushaltsplanentwurf mit den erfolgten Änderungen in die richtige Richtung.
Bedenklich ist allerdings die Höhe der Haushaltsausgabereste. Hier summieren sich die nicht erfolgten Ausgaben für Investitionsentscheidungen aus Vorjahren auf nunmehr 14,4 Mio. Fast in gleicher Höhe bewegen sich die Verpflichtungsermächtigungen, mit der Investitionsempfehlungen für 2021 beschrieben werden, die ausweislich des Haushaltsplanes nunmehr bei 13,7 Mio liegen.
Bedenklich sind auch die mit den Haushaltsausgeberesten korrespondierenden Kreditermächtigen aus Vorjahren, die bei einer tatsächlichen Inanspruchnahme, schlagartig den Schuldenstand der Stadt um ein Drittel erhöhen würden und somit mit einer nachhaltigen Haushaltsführung nicht vereinbar wären. Trotz der erkennbaren Bemühungen der Defizitreduzierung für das kommende Jahr, wird meine Fraktion dem Haushaltsplan 2020 nicht zustimmen können, da wir mit einigen wesentlichen Punkten der durch den Haushaltsplan skizzierten zukünftigen Stadtentwicklung nicht einverstanden sind. Unser Hauptkritikpunkt betrifft die Entwicklung eines Wohngebietes am „Penter Weg“ und der geplante Bau eines Zentralkindergartens am Straßenzug „Auf dem Damm“. Mit beiden Projekten werden Flächen beplant, die ausweislich der Hochwasserrisikokarte des Niedersächsischen Landesamtes für Wasserwirtschaft im Überflutungsbereich der Hase für Extremhochwasser HQ1,3 liegen. Hier zu bauen bedeutet, die Risiken des Klimawandels mit den drohenden Wetterextremen nicht ernst zu nehmen. Unseres Erachtens sollten diese Flächen nicht als Bauflächen, sondern als Retentionsfläche für die Haseflutmulde ausgewiesen werden.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die Kosten. Die Grundstücksankaufskosten für das geplante Wohngebiet sind mehr als doppelt so hoch im Vergleich zu den Baugebieten, die in den vergangenen Jahren erschlossen worden sind. Das erschwert natürlich auch die Schaffung von sozial gebundenem Mietwohnungsbau, für den nach der Wohnraumbedarfsanalyse des Landkreises in Bramsche großer Nachholbedarf besteht. Die Gesamtkosten für den neuen Kindergarten St. Martin wurden bis 2019 in der mittleren Finanzplanung mit 2,5 Mio € kalkuliert. Die mit dem Haushaltplan 2020 nunmehr zu veranschlagenden Gesamtkosten für den Zentralkindergarten belaufen sich auf über 6 Mio €. Hinzu kommen Umbaukosten für den Straßenzug auf dem Damm von 200.000 €. Diese Kostenexplosion wollen wir nicht mitmachen.
Auch sehen wir es nicht als zuträglich, im Hinblick auf die Lärm- und Abgasemissionen, einen Kindergarten in unmittelbarer Nähe zum Straßenzug „Auf dem Damm“ zu bauen, der mit über 6000 Fahrzeugen täglich die am stärksten befahrene innerstädtische Straße ist. Ein Neubau für den Kindergarten St. Martin ist zweifellos erforderlich und wird auch von uns befürwortet. Aber er sollte an anderer Stelle erfolgen.
Die Stadt Bramsche verfügt im Bahnhofsumfeld im Bereich der Moltkestraße über mehr als 6000 qm eigene Grundfläche, die für den Bau gut geeignet wäre und im Gegensatz zum „Penter Weg“ auch sehr gut an den ÖPNV angeschlossen ist. Ein Bau an dieser Stelle ließe sich auch in das Stadtsanierungskonzept Bahnhofsumfeld einfügen. Der Sieger des Sanierungswettbewerbs Trojan und Trojan hatte an dieser Stelle den Bau eines Hotelkomplexes vorgesehen, den wir an dieser Stelle nicht für erforderlich halten. Aufgrund unserer ablehnenden Haltung gegen die Bauvorhaben am Penter Weg, beantragen wir die Haushaltspositionen zum An- und Verkauf von Grundstücken am Penter Weg, sowie die Position zum Umbau des Straßenzuges Auf dem Damm/Penter Weg aus dem Haushalt herauszunehmen.
Des Weiteren beantragen wir die Haushaltposition Ankauf von Wohnbaugrundstücken B-Plan 170 in Höhe von 314.000 € in eine Verpflichtungsermächtigung für 2021 umzuwandeln und wir beantragen den Antrag des Ortsrates Engter auf Rückbau der Ortsdurchfahrt mit 300.000 € in den Haushalt aufzunehmen und dafür auf den Endausbau der Straße im Gewerbe- und Industriegebiet Engter mit bislang veranschlagten 500.000€ in 2020 zu verzichten. Im Hinblick auf den Bebauungsplan 170 in Lappenstuhl ist festzustellen, dass dieser noch gar nicht existiert, da noch kein Aufstellungsbeschluss gefasst worden ist. Eine Realisierung einer Bebauung noch in 2020 ist daher sehr unwahrscheinlich. Hier reicht es aus, sich über ein notarielles Kaufangebot die Flächen für 2021 oder 2022 zu sichern – ein Haushaltsansatz 2020 ist nicht notwendig.
Grundsätzlich sollte bei der Ausweisung neuer Baugebiete schonend mit der Flächenressource umgegangen werden – und das bezieht sich nicht nur darauf, dass man u.E. Überflutungsbereiche nicht bebauen sollte. Dem zweifellos bestehenden Wohnraumbedarf muss mit einer verdichteten Wohnbebauung begegnet werden, und zudem, anlog zu dem Projekt an der Breslauer Straße, verbunden sein mit einem 40 %igen Anteil von Wohnungen mit Mietpreisbindung und energetische Aspekte stärker in den Focus nehmen. Wenn, wie jüngst geschehen für den Bebauungsplan Hesepe Mitte eine verdichtete Bebauung, selbst in Form einer Reihenhausbebauung, von der Mehrheit im Fachausschuss abgelehnt wird, kann man diesem Anspruch nicht gerecht werden.
Preisgünstigen Wohnraum schaffen in Zentrumsnähe wäre auch möglich, wenn man die Flächenressource beispielsweise im Bebauungsplan für den neuen Lidl-Markt an der Nordtangente effektiver nutzen würde. Ähnlich wie beim Markant Markt in Engter wäre für uns bei dem Neubau eine zweigeschossige Bauweise denkbar mit dem Ziel im Obergeschoss des Marktes Wohnungen zu bauen.
Im Hinblick auf die Ortsdurchfahrt Engter revidieren wir unsere Auffassung, die wir im Fachausschuss vertreten haben. Nach den jüngst getroffenen Aussagen aus der Landesbaubehörde für Straßenbau steht offensichtlich nicht wie noch n der Ausschusssitzung angenommen eine Sanierung der L 78 an, infolge derer die städtischen Kosten für eine Erneuerung der Ortsdurchfahrt gesenkt werden könnten. Die Erfordernis für die Erneuerung der Ortsdurchfahrt aufgrund der Lärmemissionen besteht seit zehn Jahren. Da das Argument der möglichen Reduzierung der Kosten entfällt hat die Maßnahme Ortsdurchfahrt Engter für uns Priorität vor dem Endausbau der Straße im Industrie- und Gewerbegebiet.Wir unterstützen daher den Antrag des Ortsrates Engter.
Die von meiner Fraktion eingebrachten bzw. unterstützten Anträge belasten den Haushalt durch Mindereinnahmen von 250.000 € und entlasten den Haushalt durch Minderausgaben um 1.194.000 €. Im Saldo würden die investiven Ausgaben um 944.000 € sinken und die Nettoneuverschuldung könnte auf dann 861.000 € abgesenkt werden. gez. Dieter Sieksmeyer